Jenny als Freiwillige im Kinderheim
Freiwilligenarbeit 2015
Immer schon hegte ich den Wunsch, für eine Zeit ins Ausland zu gehen und dort ehrenamtlich tätig zu werden. Als ich mit dem Abitur und der Ausbildung zur Erzieherin in der Tasche da stand, wusste ich „Wenn nicht jetzt, wann dann.“.
Eine Woche nach meinem Abiball sollte es so weit sein. Mit einem Koffer voll Emotionen stand ich am Flughafen in Düsseldorf. Noch nie alleine geflogen, noch nie weiter als innerhalb Europa von Zuhause weg gewesen. In ein Land mit unbekannter Kultur und fremder Sprache, die ich bis dato nur in der Schule gelernt hatte. Mein Freundeskreis hielt mich für verrückt. Und genau das Gefühl war auch das, welches zu dem Zeitpunkt überwog. „Jenny du bist vollkommen verrückt.“ war das einzige, was ich denken konnte.
So fiel es mir trotz der herzlichen Aufnahme in meiner Wohngemeinschaft bei einer Deutschen und ihrem chilenischen Freund, die ersten Tag schwer, mich zurechtzufinden, zu verständigen und anzukommen. Ich musste mich an Busse ohne Fahrpläne und ohne Ansage der Haltestelle gewöhnen, an völlig überfüllte Metros zu den Zeiten der „Rush Hour“ und meine ersten Einkäufe in spanischer Sprache. Es war definitiv nicht leicht, jeden Morgen im Dunkeln und noch müde die rote Mauer beim „Estadio Nacional“ zu sehen, um zu wissen, wann ich aussteigen muss. 😀
Aber all die Schwierigkeiten und Unsicherheiten die ich zu Anfang hatte, wurden von Tag zu Tag weniger. Nicht zuletzt durch die Gespräche mit den Mitarbeitern von Chile Inside und meinen Mitbewohnern. Durch die Chile Inside lernte ich auch eine andere Freiwillige kennen. Wir waren sofort auf einer Wellenlänge. Reisten zusammen an den freien Wochenenden und wenn wir mal ein Problem hatten, sei es mit einem Wort auf Spanisch oder sonstigem, unterstützten wir uns. Wir ließen uns gemeinsam tätowieren bei einem Chilenen, der beim Betreten des Tattoostudios Rammstein hörte. Und damit sie sich die Haare machen lassen konnte, fuhren wir gemeinsam zu einer fremden Familie, die uns so gastfreundlich empfing, obwohl wir völlig Fremde waren, dass wir noch lange erstaunt darüber waren.
Wie die meisten Chilenen hatte ich das Leid, jeden Morgen auf dem Weg zum Heim noch einen Platz in der Metro zu bekommen. Wie viele musste auch ich an „Pedro de Valdivia“ einen Weg hinaus finden und hoffen, nicht allzu lange auf den Bus warten zu müssen. Musste meine Bip mit Guthaben aufladen und wurde im Unimarc gefragt, ob ich bei ungeraden Beträgen spenden möchte. Ich fühlte mich dazu gehörig. Das erleichterte mir es ungemein endlich anzukommen.
Auch bei der Freiwilligenarbeit im Kinderprojekt wurde ich herzlich aufgenommen. Sowohl von Mitarbeitern, als auch von den Kindern. Als ausgebildete Erzieherin, die bereits in Deutschland in Heimen gearbeitet hat, in einem anderen Land die Arbeitsweisen und Strukturen kennenzulernen war gleichermaßen interessant und verwirrend. In vielen Momenten zögerte ich kurz, bevor ich handelte, weil manche Herangehensweisen so völlig gegen das, was ich gelernt hatte sprachen. Aber ganz oft verließ ich das Heim auch mit positiven Gedanken, die mich anregten manches doch noch einmal anzuzweifeln, was ich als „richtig und gut“ gelernt hatte.
Neben dem üblichen Stress, den es in einem Heimalltag mit Kleinkindern nunmal überall auf der Welt gibt, war da diese Nähe und Liebe zu den Kindern, wo jeder Deutsche womöglich den roten Stift gezückt hätte und „Nähe-Distanz?!“ notiert hätte. Ich nahm das alles jedoch als positiv für die Kinder wahr. Gerade in diesem Alter (1-2 Jahre) sollte es daran meiner Meinung nach nicht mangeln und man sollte öfter mal den Schreibkram und die deutschen Strukturen bei Seite werfen, um mit den Kindern zu tanzen, zu singen und zu lachen.
Direkt an die Zeit in Chile startete mein Anerkennungsjahr. Ich konnte mit einem Koffer voll Erinnerungen und Eindrücken in den Alltag starten, an den ich mich erst einmal wieder gewöhnen musste. Eindrücke, die mich in beide Richtungen geprägt hatten. So tief, dass ich die ersten Tage in meiner neuen Einrichtung in Deutschland noch versuchte, die Kinder auf Spanisch anzusprechen.
Letztlich lassen sich meine vier Wochen Aufenthalt in Santiago de Chile als das bisher wundervollste Erlebnis in meinem Leben beschreiben. Man kann ein Land bereisen und dort Urlaub machen, aber die Intensität mit der man wahrnimmt und aufsaugt, wenn man alleine ist, manchmal Punkte hat, an denen man seine Familie vermisst, aber gleichzeitig das Land nicht mehr verlassen möchte, erlangt man bei einer normalen Urlaubsreise niemals.
Ich danke Chile Inside und vor allem Svenja für die tolle Zeit und hoffe, dass noch viele weitere sich wagen, diese Erfahrung im Leben mitzumachen. Danke!
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